/ Forschung

Einfluss von Ausdauertraining auf die Kortisol-Stressreaktivität bei Patienten mit depressiven Störungen

Körperliche Aktivität ist bei gesunden Personen mit einer reduzierten Kortisol-Stressreaktivität verbunden. Es fehlen jedoch Hinweise aus Interventionsstudien und mit psychiatrischen Patienten. In einer Kooperation zwischen Wissenschaftlern des DSBG und zwei psychiatrischen Kliniken (Psychiatrische Dienste Solothurn, Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel) wurde im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie (Registrierungsnummer der Studie: NCT02679053) untersucht, ob regelmässiges Ausdauertraining bei stationären Patienten mit Major Depression (MDD) die Kortisol-Stressreaktivität beeinflusst. Diese neuen Erkenntnisse sind wichtig, da sich die Stressreaktivität von gesunden Menschen und Patienten mit schweren Depressionssymptomen deutlich unterscheiden kann. Insgesamt 25 Patienten (13 Frauen, 12 Männer) absolvierten vor und nach einer sechswöchigen Interventionsperiode im Labor eine Stressaufgabe. Vor und nach dem Trier Social Stress Test (TSST) wurden über den Speichel neun Kortisol-Proben entnommen. Vierzehn Teilnehmer nahmen an einem sechswöchigen Ausdauertraining teil, während elf Patienten der Kontrollbedingung zugeordnet wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Kortisol-Reaktivität weder in der Interventions- noch in der Kontrollgruppe vom Ausgangswert bis nach der Intervention veränderte. Die Teilnahme an einem sechswöchigen Ausdauertraining war somit nicht mit der Kortisol-Reaktivität der Teilnehmer assoziiert. Darüber hinaus konnte eine depressive Symptomänderung nicht mit einer Änderung der Kortisol-Reaktivität in Verbindung gebracht werden. Da im Unterschied zu gesunden Personen viele Patienten anfänglich eine äusserst flache Kortisol-Reaktivitätskurve zeigten, scheinen Anstrengungen erforderlich, um herauszufinden, welche Behandlungen am effizientesten sind, um in dieser Population eine Normalisierung der Reaktivität der HPA-Achse herbeizuführen.

In ausführlicher Form lassen sich die Ergebnisse der Studie im Journal of Clinical Medicine nachlesen:
Gerber, M., Imboden, C., Beck, J., Brand, S., Colledge, F., Eckert, A., Holsboer-Trachsler, E., Pühse, U., & Hatzinger, M. (2020). Effects of aerobic exercise on cortisol stress reactivity in response to the Trier Social Stress Test in inpatients with major depressive disorders: A randomized controlled trial. Journal of Clinical Medicine, 9, doi: 10.3390/jcm9051419.