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Die Blutdruckmanschette, die Muskeln wachsen lässt: Krafttraining mit Blutflussrestriktion

BFRKL-Studie

Bei den Kontrollmessungen wird das Kontraktionsverhalten der Muskelfasern mittels dynamischer Ultraschallaufnahmen erfasst. Dynamische Ultraschallaufnahmen sind deutlich aussagekräftiger als Einzelbilder aus statischen Situationen. (Foto: Christian Knörr Photography)

Wer kennt es nicht: Das stetige Vorhaben, sich mehr zu bewegen, das leider doch zu oft im Alltagsstrudel untergeht. Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass regelmässige körperliche Aktivität effektiv zur Prävention vieler Krankheiten ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) untermauert dies mit ihrer Empfehlung von wöchentlich 150 bis 300 Minuten moderater bis intensiver Bewegung, ergänzt durch zwei Einheiten Krafttraining. Diese kräftigenden Übungen lösen grössere Trainingseffekte aus, wenn sie mit hohen Lasten durchgeführt werden. Für gesunde Menschen gibt es also keine Ausrede: wer heute keine Zeit für Bewegung und Training findet, muss früher oder später Zeit für Muskelschwäche und Krankheit finden.

In gewissen Lebenssituation wie beispielsweise während einer Rehabilitation oder aufgrund von Osteoarthrose können kräftigende Übungen mit hohen Lasten aber nicht durchgeführt werden. Jedoch sollte auch in diesen Situationen mit reduzierter Belastbarkeit dafür gesorgt werden, dass ein Muskel keine Kraft verliert bzw. idealerweise sogar Kraft gewinnt. Hier kommt das niedrig-intensive Krafttraining mit Blutflussrestriktion, kurz BFR-Training, ins Spiel. Dabei wird eine Art Blutdruckmanschette an einer Gliedmasse angelegt und aufgeblasen, sodass die Manschette den Rückfluss des Blutes aus der Gliedmasse aufstaut. Dadurch können auch Stoffwechselprodukte nicht abtransportiert werden, wodurch während eines BFR-Trainings eine starke Ansammlung der Stoffwechselprodukte im trainierten Muskel zu beobachten ist. Dieser metabolische Stress löst eine Kaskade von weiteren Effekten aus, die in einer Zunahme an Muskelmasse und Muskelkraft resultiert. Besonders bemerkenswert ist, dass die Muskelmassengewinne bei BFR-Training mit kleinen Lasten aufgrund des hohen metabolischen Stresses vergleichbar wie bei klassischem Krafttraining mit grossen Gewichten ausfallen. Das starke Muskelwachstum trotz geringer mechanischer Belastung machen das BFR-Training aus wissenschaftlicher und klinischer Sicht äusserst interessant.

Neben den muskulären Anpassungen ist jedoch nur sehr bedingt verstanden, welche Reaktion das BFR-Training in anderen Organsystemen auslöst. Deshalb untersucht Dr. Martin Keller, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bereichs Bewegungs- und Trainingswissenschaft, die Anpas-
sungen der Sehne und der muskulären Ansteuerung. Ein Verständnis dieser Adaptionen ist relevant, da bisher davon ausgegangen wird, dass sich die Sehnen sowie das Zusammenspiel von Nervensystem und Muskulatur nur dann verbessern, wenn mit grossen Gewichten trainiert wird. Keller und sein Team wollen nun herausfinden, ob der erhöhte metabolische Stress durch die Blutdruckmanschette auch diese Organsysteme positiv beeinflusst.

Das Forschungsprojekt wird gefördert von der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft (FAG) Basel und vom Forschungsfonds der Universität Basel.