/ Forschung

Ein hoher Body Mass Index beeinträchtigt die kognitive Entwicklung von Kindern mit ADHS über intrakortikales Myelin

Brain

Einfluss des Verhältnisses der grauen und weissen Masse auf den Zusammenhang zwischen ADHS, körperlicher Aktivität, Body Mass Index und selektiver Aufmerksamkeit.

Mit einer Prävalenz von 5% ist ADHS die am häufigsten auftretende Entwicklungsstörung bei Kindern und Jugendlichen. Betroffene zeigen Defizite in verschiedenen kognitiven Domänen, wobei die selektive Aufmerksamkeit besonders stark betroffen ist. Dies steht eng im Zusammenhang mit einer abnormalen Entwicklung der Gehirnstruktur. Forschungsergebnisse von Kindern mit einer typischen Entwicklung zeigen, dass hohe körperliche Aktivität und ein normaler Body Mass Index die Ausbildung der selektiven Aufmerksamkeit unterstützen. Somit besteht Potenzial, dass beide Faktoren auch bei Kindern mit ADHS eine positive Wirkung haben und kognitive Defizite verringern können.

Forschende vom Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit und der Kobe Universität in Japan haben bei der Kohorte der ABCD-Studie (N=4576) untersucht, welchen Einfluss die körperliche Aktivität und der Body Mass Index auf die Entwicklung der selektiven Aufmerksamkeit bei Kindern mit ADHS und gesunden Gleichaltrigen haben. Anhand einer Kombination von kognitiven Tests und MRI-Scans (T1/T2) wurde geprüft, ob sich mögliche Zusammenhänge über bestimmte Merkmale der Gehirnstruktur (kortikale Dichte, graue Masse etc.) erklären. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass ADHS-bezogene Defizite in der selektiven Aufmerksamkeit direkt mit einer abnormalen Konzentration von intrakortikalem Myelin verbunden waren (Verhältnis von grauer zu weisser Masse). Geringe körperliche Aktivität und ein hoher Body Mass Index standen über den Beobachtungszeitraum von zwei Jahren mit einer reduzierten selektiven Aufmerksamkeit im Zusammenhang. Die Vorhersagekraft des Body Mass Index erklärte sich dabei über eine abnormale intrakortikale Myelinkonzentration. Im Gegensatz dazu war der Zusammenhang zwischen der körperlichen Aktivität und der selektiven Aufmerksamkeit nicht auf Veränderungen in der Gehirnstruktur zurückzuführen. Die Resultate weisen darauf hin, dass ein Monitoring der körperlichen Aktivität und des Body Mass Index in der ADHS-Behandlung sinnvoll sind.

Ludyga, S. & Ishihara, T. (2022). Brain structural changes and the development of interference control in children with ADHD: The predictive value of physical activity and body mass index. Neuroimage: Clinical, 35, 103141. https://doi.org/10.1016/j.nicl.2022.103141